Vom Leihhaus zur Sparkasse – eine Ideengeschichte
Die Sparkasse wurde vor 200 Jahren gegründet, um den Armen zu helfen. Eine Adresse für Kredite in der Not aber gab es schon zuvor: das Leihhaus.
Ein ferner Gedanke
Heute, in Zeiten des Überflusses, bringen wir unsere „Brocken“ in Sozialkaufhäuser oder zur Wuppertaler Tafel, um sie sinnvoll loszuwerden. Schließlich dienen wir so einer guten Sache. Und wer nichts zu verschenken hat und dringend Geld braucht, verkauft sein Zeug im Internet. Das Verpfänden der „Siebensachen“, will sagen: Das Hinterlegen gegen Geld im Pfandhaus ist für uns aber eher ein fremder Gedanke.
Leihhäuser versprachen schnelle Hilfe
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als mit den Industrien auch die Armut aus dem Boden wuchs, war die Lage eine andere. Damals galt das Beleihen von Dingen für die weniger Betuchten als eine naheliegende und hilfreiche Strategie: Zu dieser Zeit war es die bittere Not, die manche Menschen zur Herausgabe von Hab und Gut veranlasste – wenn es denn nur ein wenig Geld als Gegenwert einbrachte. Pfand- oder Leihhäuser gehörten zur Stadt wie die Kirchen, aber ihre „Kredite“ waren noch beliebter als das Beten.
Eine Sparkasse als Lösung in der Not
Im Tal der Wupper war die Situation nicht minder prekär. Das Elend prägte das Straßenbild in der aufstrebenden Industriestadt Elberfeld wie andernorts auch. So war es nicht nur der Philosoph Friedrich Engels, der dies beklagte. Dass hier Hilfe angebracht war, erkannten bald auch die Herren der Stadtverwaltung – und gründeten kurzerhand eine Sparkasse. Die Idee des Leihhauses hatte sie zu dieser Einrichtung inspiriert: „So wie durch die Leihanstalt dem Wuchern Schranken gesetzt, und dem Hülfsbedürftigen eine Gelegenheit verschafft worden ist, auf eine für ihn wohlthätige und leichte Art sich in der Noth einen Geldbedarf zu verschaffen, so soll die Sparkasse ein Mittel werden, jene Ersparnisse, die redliche Handwerker und Dienstboten erübrigen, sicher und auf Zinsen, in kleinern und größeren Summen anzulegen.“ (1) So schön geschwungen und gewunden formuliert es ein frühes Statut der Sparkasse Elberfeld im Jahre 1821. Hier hatte die Idee des Sparens einen Ort gefunden.
Sparen soll zur Gewohnheit werden
Es war der berühmte „Notgroschen“, der fortan nicht im Sparstrumpf, sondern in der neuen Sparkasse verwahrt werden sollte: Man wollte die ärmeren Menschen zum Sparen für schlechte Zeiten motivieren und so der sozialen Frage begegnen. Leihhaus und Sparkasse haben also im Grunde eine gemeinsame Geschichte. Beide waren dazu geschaffen, den Geringverdienern eine Sicherheit zu geben, und blieben auch in der kommunalen Verwaltung lange eng miteinander verbunden. So sah das Reglement häufig vor, dass Gewinne aus den Leihhäusern der Armenkasse zufielen, während die Überschüsse der Sparkassen den Leihhäusern zugedacht waren. Ein frühes „niederschwelliges“ Konzept der Förderung, Fürsorge und Teilhabe also, und die kleinen Leute in der Stadt waren froh, dass es diese „wohltätigen“ Institutionen gab. Von nun an konnten auch sie Finanzgeschäfte tätigen, Rücklagen bilden und sich selbst kleinste Summen des sauer Verdienten stolz in einem feinen Büchlein dokumentieren lassen. Natürlich ging man in Elberfeld für diesen bedeutenden Akt ins damalige Rathaus. Denn an diesem offiziellen Ort war seinerzeit die Sparkasse untergebracht, und das Sparbuch trug auch nicht irgendein Logo, sondern das Wappen der Stadt.
Wer mehr über die 200-jährige Geschichte lesen möchte, kann das in der Jubiläumsschrift der Stadtsparkasse Wuppertal tun. „200 Jahre im Dienste einer Idee“ ist erhältlich im Buchhandel oder der TreueWelt.
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