Entwicklungsgeschichte: Vom Elendsviertel zum Islandufer

veröffentlicht am 22. April 2022

Altes Fotos vom heutigen Islandufer in Wupeprtalum 1800

Es ist eine schöne Ecke mit dunkler Vorgeschichte: Das Islandufer war nicht immer so sauber und apart wie heute. Hier beherrschte einst bittere Armut den Alltag.

Ein Bild des Elends

Wer heute fein und gepflegt auf der Terrasse des Café Island im Schatten des Sparkassenturms sich vergnügt oder auf der kleinen Wupper-Promenade flaniert, wird kaum erahnen, wie es um diesen architektonisch interessanten Ort vor 200 Jahren bestellt war: Das ehemalige Viertel „An der Fuhr“ galt damals als berüchtigtes Elendsquartier der Stadt – und es sah genauso aus.

Die dunkle Seite der Industrialisierung

Hier lebten im frühen 19. Jahrhundert die Menschen, denen die beginnende Industrialisierung nur ein Auskommen am Rande des Existenzminimums gewährte. Von sozialer Gerechtigkeit und funktionierender Absicherung, wie wir sie heute kennen, keine Spur: Wachsende Einwohnerzahlen und Wohnungsnot hatten zur Verelendung der einfachen Lohnarbeiter geführt. Die Bedingungen für die Arbeit in den Textilfabriken waren so miserabel wie die hygienischen in den heimischen Quartieren. Man hauste gedrängt in den engen, klammen Kammern einfacher Fachwerkhäuser, teilte sich mit den Betten auch die Wanzen, Seuchen und andere Krankheiten. Statt mit sauberem Trinkwasser bekam man es hier eher mit dem stinkenden Hochwasser der nahen Wupper zu tun. Die arge Not trieb sogar Kinder in die Fabriken und die Frauen zum Anschaffen auf die Straße. Bald stand das Viertel nicht nur im Ruf des wachsenden Elends, sondern auch der florierenden Prostitution.

Enttäuschte Hoffnungen

In der Tat: Das hatten sich die Betroffenen alles ganz anders vorgestellt. Viele waren eigens vom Land in die Stadt gekommen, weil sie sich hier einträgliche Arbeit erhofften. Die Realität aber bot ihnen statt Brot nur ein böses Erwachen: Es fehlte am Elementaren wie Arbeit und Wohnraum. Da die Kirche an Einfluss verloren hatte, konnte auch sie ihre angestammte Aufgabe der Armenfürsorge nicht mehr ausreichend wahrnehmen. Auch die öffentliche Verwaltung war schon längst nicht mehr Herr der prekären Lage, die unter dem Schlagwort „soziale Frage“ in die Geschichte eingehen sollte.

Eine Kehrtwende

Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts verminderte sich das soziale Gefälle. Man widmete sich verstärkt dem Stadtbezirk „An der Fuhr“ und er gewann durch neue Bebauung ein manierlicheres Gesicht. Ein architektonisches Highlight sollte 1906 schließlich die Errichtung des Thalia-Theaters werden, ein repräsentativer Prunkbau, wie er für den üppigen Stil im Kaiserreich typisch war. Aber auch der ist nur noch Geschichte, denn seit 1973 prägt an seiner Stelle ein imposanter „Turm“ das Bild und sorgt für ästhetische Spannung in der Szenerie. Mit seinem Bau ist die Sparkasse an das Islandufer gelangt. Mehr zum Bau des Turms lesen in diesem Blogartikel.

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